Er twittert, er vergibt Fake-News Awards und sorgt innen- und außenpolitisch für Aufregung. Die Steuerreform, der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko, das Einreiseverbot und der Nahostkonflikt – nur einige Beispiele für die Schlagzeilen, für die der US-Präsident Donald Trump in nur einem Jahr Präsidentschaft sorgte. Trump bedeutet einen Einschnitt – auch für die deutsche Wirtschaft.
Dr. Christoph von Marschall ist als Mitglied des White House Press Corps seit dem Amtsantritt von Barack Obama im Jahr 2009 der einzige deutsche Zeitungskorrespondent im Weißen Haus. Als Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion des Tagesspiegels erklärt er Trumps Welt – aus der Perspektive eines Insiders, der hinter die Kulissen im Weißen Haus blickt.
Nach dem Studium der Osteuropäischen Geschichte, Alten Geschichte, Politikwissenschaft und Geografie in Freiburg, Mainz und Krakau war die Integration der mittel- und osteuropäischen Reformstaaten in die EU und NATO eines seiner Schwerpunktthemen. „Ich habe in der Zeit der Wende für die Süddeutsche Zeitung, später für den Tagesspiegel aus Ungarn berichtet und habe die Massenflucht der DDR-Bürger in den Westen sowie die Umbrüche in Rumänien und Bulgarien vor Ort miterlebt“, erklärt Christoph von Marschall. „Ich glaube, ich habe damals Interviews mit fast allen Präsidenten der beteiligten Länder geführt.“ Über die Einarbeitung in internationale Sicherheitsthemen beschäftigte er sich zunehmend mit den USA und dem zukünftigen Präsidenten Barack Obama. Christoph von Marschall brachte 2007 die erste deutsche Biografie über Barack Obama heraus. „Der schwarze Kennedy“ wurde in kurzer Zeit zu einem Bestseller. In seinem zweiten Werk „Was ist mit den Amis los“, das 2016 erschien, beschäftigt er sich bereits mit den Unterschieden der Trump-Wahrnehmung in Deutschland und in den USA. Sein nächster Titel, der im Herbst dieses Jahres erscheint, konzentriert er sich auf die Auswirkungen von Trumps Präsidentschaft auf die deutsche Außenpolitik.
Ein Bruch mit der politischen Kultur – die Demokratie funktioniert
„Trump bedeutet einen Bruch“, so Christoph von Marschall. „Die Regeln des politischen Umgangs gelten nicht mehr. Er sagt Dinge, die man früher nicht hätte sagen dürfen, und er sagt Unwahrheiten. Seine Sprache und seine Umgangsformen sind ein eklatanter Bruch mit der politischen Kultur in den USA. Gleichzeitig zeigt seine Präsidentschaft aber auch, dass Demokratie funktioniert. Gerichte korrigieren ihn, der Kongress korrigiert ihn – er kann die Demokratie nicht außer Kraft setzen. Außenpolitisch bedeutet Trump weltweit eine Disruption. Sein Handeln hat weitreichende Konsequenzen und ich habe den Eindruck, dass man das in Deutschland noch nicht ganz begriffen hat. Hier wird noch häufig die Illusion gelebt, dass er die vier Jahre Amtszeit nicht schafft.“
Die deutschen Medien, so Christoph von Marschall, beschäftigen sich nur unzureichend mit Trump. Anstelle von strategischen Antworten hagelt es Spott und Häme. „Die Aufmerksamkeit, die man in Deutschland dem Präsidenten widmet, ist sehr ungleichmäßig verteilt“, erklärt er. „Trumps Shitstorm-Bemerkungen sind tagelang ein Thema, aber dass er eine Steuerreform gemacht hat, die die Unternehmen entlastet und Investment-Ströme von Europa in die USA lenkt – darüber unterhalten wir uns nicht.“
Deutsche Interessen im Blick anstelle von Empörung
In seinen Vorträgen bedient Christoph von Marschall nicht die allgemeine oberflächliche Empörungskultur, sondern richtet den Blick fokussiert auf die deutschen Interessen und Herausforderungen mit Themen wie „Trump bleibt. Warum dieser Präsident nicht so rasch stürzt und was das für Deutschland bedeutet“ oder „Was ist mit den Amis los? Ein Jahr Präsident Trump und die Folgen für die USA, Europa und Deutschland.“ Er nimmt Stellung zur Argumentation, Europa als Gegengewicht zu den USA zu positionieren – „Wir haben die Eurokrise, die Griechenland- und die Brexit-Krise – wie sollen wir eine alternative Weltmacht werden und warum eigentlich ein Gegengewicht?“ und zu Trumps Ankündigung, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen. Aber auch auf Einzelaspekte wie „Grüne Weltmacht USA: Wie progressive US-Staaten und Kommunen Trumps Klimapolitik aushebeln“ oder „Der Twitter-Präsident“ geht er auf Wunsch ein.
„Bislang haben wir uns immer auf die USA verlassen, insbesondere in der internationalen Sicherheitspolitik, zum Beispiel bei der Terrorabwehr“, erklärt er. „Deutschland muss mit seiner Traumtänzerei und seinen Sonntagsreden aufhören und einen Weg finden, mit Trumps Amerika zu leben und die eigenen Interessen zu verteidigen. Zurzeit ist noch nicht ersichtlich, wie wir dieser Aufgabe gerecht werden wollen.“
Weitere mögliche Vortragstitel:
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